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Pluralität: Technologie für kollaborative Diversität und Demokratie

Von Audrey Tang und E. Glen Weyl

Translated by: Leon Erichsen and Josephine Görke

Einführung und Aufforderung zur Zusammenarbeit an Pluralität: Technologie für kollaborative Diversität und Demokratie

Wir stehen am Anfang einer Reise und hoffen, dass Sie sich uns anschließen werden. Im letzten halben Jahrzehnt haben wir gemeinsam mit vielen von Ihnen eine Alternative zu den üblichen Erzählungen über die Zukunft der Technologie entwickelt, die sich auf Finanzierung oder zentralisierte künstliche Intelligenz konzentrieren. Pluralität, wie wir sie nennen, ist Technologie, die die Zusammenarbeit über soziale und kulturelle Unterschiede hinweg anerkennt, würdigt und fördert. In der nachstehenden Übersicht erfahren Sie mehr darüber. Wir sind davon überzeugt, dass Pluralität das natürliche technologische Leitbild ist, um das Gedeihen demokratischer Gesellschaften zu unterstützen, und dass es viele der tief verwurzelten Spaltungen in unserer heutigen Welt überwinden kann. Wir wollen die Welt über diese Möglichkeit informieren, damit wir vielfältige und koordinierte Investitionen und Experimente anregen können, welche diese Möglichkeit verwirklichen können. Und wir bitten um Ihre Hilfe.

Während sich unser präziser Plan mit Fortschritten in der Pluralitätsforschung und den praktischen Realitäten weiterentwickeln wird, sind wir entschlossen, die Ideen des Buches in der Art und Weise zu verkörpern, wie wir es schreiben, verbreiten und finanziell unterstützen. Das gesamte Material wird ein freies kulturelles Werk sein, eine der offensten Kategorien der Creative-Commons-Lizenz. Wir planen, das Buch öffentlich in einer Git-ähnlichen Struktur zu schreiben, in der wir gezielt um redaktionelle und wissenschaftliche Unterstützung aus der Öffentlichkeit bitten. Diejenigen, die dazu beitragen, laden wir ein, uns dabei zu helfen, Pull Requests zu priorisieren und schließlich den Inhalt des Buches zu kontrollieren. Wir werden die finanziellen Ausgaben für die Bereitstellung des Buches mit einer Reihe von übereinstimmenden, Web3-basierten Mechanismen unterstützen. Darunter sind Mechanismen wie Plurale Quadratische Finanzierungsprogramme, NFT-“Unterschriften” auf physisch und digital gekauften Exemplaren des Buches sowie die Versteigerung selbst bewerteter NFT-Lizenzen für den Zugang zu Glen als Sprecher/Berater auf der Grundlage des Buches. Wir werden mit Hilfe von Soulbound Tokens (SBTs) eine Reihe von Aufgaben für Beiträge zum Buch vermitteln und diese Tokens als Grundlage für Entscheidungen über den Inhalt nach der physischen Veröffentlichung verwenden, einschließlich der Verfügung über einen Großteil der gesammelten Gelder, wobei wir die Gemeinde des Buches quasi in eine Distributed Autonomous Organization (DAO) transformieren werden. Wir werden eng mit Protocol Labs (PL) zusammenarbeiten, um die technologische Grundlage hierfür zu schaffen, und hoffentlich dabei helfen, ein neues Modell des Publizierens für das Web3-Zeitalter zu entwickeln.

Gleichzeitig wollen wir als Pluralistinnen nicht, dass das Buch nur “Web3-Natives” erreicht, und so hoffen wir, ein schönes physisches Objekt zu kreieren, das allgemein zugänglich ist und über herkömmliche Verlags- und Medienkanäle verbreitet und rezensiert wird. Wir brauchen also nicht nur Hackerinnen und Autorinnen, sondern auch Designerinnen, Berichterstatterinnen, Vermarkterinnen, Verlegerinnen und so weiter, die mit uns zusammenarbeiten. Und wir sind uns bewusst, dass einige jener individuellere Ansprüche als Stimmrechte auf spekulative potenzielle Geldflüsse bevorzugen werden. Wir sind offen für Verhandlungen mit Partnerinnen, die unsere Ziele und Visionen in verschiedenen Dimensionen teilen. In jedem Fall werden weder Audrey noch Glen für ihre Arbeit an dem Text Vergütung oder Lizenzgebühren erhalten, um die mit ihren Anstellungen verbundenen rechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen und um sicherzustellen, dass alle Einnahmen unsere Mission und die Gemeinschaft, die wir aufzubauen hoffen, unterstützen.

Wir werden in Kürze die Software-Plattform vorstellen, die unser Schreiben in der Öffentlichkeit und Verwaltung der Teilnahme unterstützen wird. Wenn Sie schon vorher eine Möglichkeit sehen sollten, einen Beitrag zu leisten, schreiben Sie bitte Glen. Die Zukunft der Technologie kann die Werte, die uns wichtig sind, ehren und unterstützen, wenn wir gemeinsam daran arbeiten, sie auszumalen und zu erklären.

ÜBERBLICK

Technologie und Demokratie stehen auf Kriegsfuß: Technologie fördert autoritäre Überwachung und untergräbt demokratische Institutionen, während Demokratien mit restriktiver Regulierung und konservativem öffentlichen Sektor zurückschlagen. Doch dieser Konflikt ist nicht unvermeidlich. Vielmehr haben wir uns entschieden, in antidemokratische Technologien wie künstliche Intelligenz (KI) und Kryptowährungen zu investieren. Einige wenige Beispiele, wie die Ethereum-Gemeinde, Estland, der Bundesstaat Colorado und vor allem Taiwan, haben sich stattdessen auf Technologien konzentriert, die vielfältige Zusammenarbeit ermöglichen – jene Gemeinschaften haben erlebt, wie Demokratie und Technologie gemeinsam gedeihen. Dieses Buch von den Vorreiterinnen des neuen Leitbildes der Pluralität zeigt zum ersten Mal, wie jeder Technologin, politische Entscheidungsträgerin, Unternehmensleiterin und Aktivistin es sich zunutze machen kann, um eine kollaborativere, vielfältigere und produktivere demokratische Welt aufzubauen.

Ähnlich wie es in vielen anderen Ländern der Welt der Fall war, sorgte das Auftauchen von Uber in Taiwan für Uneinigkeit. Doch statt das Problem durch soziale Medien weiter anzuheizen, ermöglichte die von einem von uns als Ministerin entwickelte vTaiwan-Plattform den Bürgerinnen, die sich zu dem Thema äußern wollten, eine fundierte Diskussion mit Tausenden von Teilnehmerinnen darüber, wie der Fahrtenvermittlungsdienst reguliert werden sollte. Diese Technologie nutzte häufig mit künstlicher Intelligenz assoziierte statistische Verfahren, um Meinungen zu gruppieren, so dass jeder Teilnehmerin unmittelbar die am klarsten formulierten Standpunkte seiner Mitbürger verstehen und seine eigenen Gedanken dazu beitragen konnte. Die Standpunkte, die sich über verschiedene Differenzen hinweg durchsetzten, fanden den Weg an die Spitze und bildeten einen groben Konsens, der die Vorteile des neuen Fahrtenvermittlungsdienstes gewährleistete und gleichzeitig die Rechte der Arbeitnehmer*innen schützte. Schließlich wurden Regulierungen entsprechend des groben Konsens von der Regierung in Kraft gesetzt. Dieses Verfahren wurde bereits zur Lösung zahlreicher strittiger Fragen in Taiwan eingesetzt und findet in Regierungen, Genossenschaften und Blockchain-Gemeinschaften auf der ganzen Welt rasche Anwendung.

Doch vTaiwan ist nur ein Vorgeschmack darauf, wie Technologie konzipiert werden kann, um soziale Differenzen wahrzunehmen, zu würdigen und für Zusammenarbeit zu überwinden. Neue Wahl- und Finanzierungsverfahren, die aus dem Ethereum-Ökosystem hervorgehen, können die Verwaltung des öffentlichen und privaten Sektors neu gestalten; realitätsnahe virtuelle Welten ermöglichen zwischenmenschliche Verbindungen, die soziale Ausgrenzung überwinden; soziale Netzwerke und Newsfeeds können so gestaltet werden, dass sie sozialen Zusammenhalt und gemeinsames Bewusstsein fördern, anstatt uns auseinander zu treiben. Und wie die Erfahrungen Taiwans zeigen, sind die potenziellen gesellschaftlichen Vorteile unermesslich und bieten der Welt optimale Möglichkeiten, auf eine Reihe aktueller Krisen zu reagieren - von der Covid-Pandemie über Fehlinformationen bis hin zum Aufbau eines breit angelegten gemeinsamen Wohlstands.

Doch während einige wenige Länder und Ökosysteme zweistellige Millionenbeträge in diese Art von Technologien investiert haben, hat der Rest der Welt Hunderte von Milliarden in KI und Kryptowährungen fließen lassen, welche grundlegend anders gepolt sind. KI strebt nach der Automatisierung menschlicher Tätigkeiten, der Zentralisierung von Macht, der Stärkung von Autokratien und der Verdrängung der Mittelschicht. Spekulative Kryptowährungen, süchtig machende soziale Medien und entgleisende “Metaverses” haben die Gesellschaft ausgehöhlt, soziale Spaltungen verstärkt, eine Infodemie erzeugt und Kriminalität vermehrt. Es ist daher kaum überraschend, dass die Länder, die in diese Technologien investiert haben, Demokratie und Technologie als Feinde betrachten. Darüber hinaus schaden diese Ansätze nicht nur der Gesellschaft, sondern auch der Grundstruktur des physikalischen Universums, dessen Quantenstruktur, wie jüngst nachgewiesen, auf pluralistischen Prinzipien beruht, sowie unserer lebendigen Erde, die von ökologischer Vielfalt erfüllt ist.

Allerdings ist es noch nicht zu spät, um einen Umschwung einzuleiten: Wir können in Technologien investieren, die digitale Menschenrechte einführen, Pluralismus stärken und demokratische Gesellschaften voranbringen, damit sie Autoritarismus und Hyperkapitalismus in den Schatten stellen können. Wir können investieren, um jedem Menschen ein unveräußerliches Recht auf digitale Persönlichkeit zu geben, indem wir eine neue Generation dezentraler Identitätstechnologien entwickeln, die es jedem Menschen ermöglichen, frei von zentraler Überwachung zu reisen, Geschäfte zu tätigen und an demokratischen Gemeinschaften teilzunehmen. Wir können die Vereinigungsfreiheit in der digitalen Welt mit gemeinschaftlich verwalteten und rechenschaftspflichtigen sozialen Netzwerken und Registern verwirklichen, die die Rathäuser und öffentlichen Plätze der Zukunft bilden und gleichzeitig die wachsenden Gräben zwischen Gruppen überbrücken. Wir können digitale Eigentumsrechte sichern, indem wir die öffentlichen Märkte und Hauptstraßen der Zukunft mit kryptografischen Technologien für sichere und private gemeinsame Nutzung von Daten, Berechnungen und Speicherplatz unter Gleichgesinnten schaffen, frei von der Kontrolle durch monopolistische Plattformen. Wir können das Recht auf Handel mit staatlich unterstützten, datenschutzkonformen, international kompatiblen digitalen Währungen sichern. Und wir können allen Bürger*innen den Zugang zu diesen Rechten ermöglichen, indem wir schnelles Internet zu einem Menschenrecht und die Vermittlung digitaler Kompetenzen zum Kernbestandteil der Lehrpläne öffentlicher Schulen machen.

Die Sicherung dieser grundlegenden digitalen Menschenrechte macht Pluralismus in der digitalen Welt nicht nur möglich, sondern natürlich. In Taiwan sind die Schriftzeichen für “digital” und “plural” dieselben: 數位. Die Erfahrungen dort und in ähnlichen Ökosystemen haben gezeigt, wie diese Grundlagen, selbst in der Entstehungsphase, eine lebendige Demokratie fördern. Sichere und private Identitäten ermöglichen es den Bürger*innen, an fundierten Debatten und Kompromissen mitzuwirken, wie in vTaiwan, ohne Angriffe von Trollen und Bots ertragen zu müssen. Die gemeinsame Nutzung privater Daten ermöglicht es Stadtvierteln und Gemeinden, Dienste (von der Überwachung der Umweltverschmutzung bis hin zu Karten über die Verfügbarkeit von Atemschutzmasken) unabhängig zu betreiben, anstatt sich auf proprietäre Plattformen zu verlassen. Offene und zuverlässige Zahlungssysteme ermöglichen kreative Formen des Crowdfunding, um Gemeinschaftsgüter ohne umständliche Bürokratie zu unterstützen. Peer-to-Peer-Reputationssysteme ermächtigen die Zivilgesellschaft, Fehlinformationen zu bekämpfen, oftmals mit Humor, und gleichzeitig eine rege und offene Meinungsäußerung aufrechtzuerhalten. Und mit Investitionen, die ihrem Potenzial entsprechen, zeichnen sich vielvesprechende Zukünfte ab, weil Quantencomputer im Vergleich zu anderen technischen Leitbildern zunehmend außergewöhnlich gut zur Unterstützung von Pluralität geeignet erscheinen.

Auch wenn diese Werkzeuge den öffentlichen Sektor auf der ganzen Welt verändern können, sind sie nicht nur oder gar in erster Linie für nationalstaatliche Demokratien relevant. Vielmehr bieten sie jeder Organisation, von der Kirche bis zum Unternehmen, eine Möglichkeit, produktivere und dynamischere Zusammenarbeit zu gestalten. Unternehmen können Intrapreneurship und bereichsübergreifende Infrastrukturen schneller als je zuvor fördern. Privater und souveräner Datenaustausch bietet die Möglichkeit, Krankheiten einzudämmen und zu heilen. Mehr als je zuvor kann eine neue Medienlandschaft vertrauenswürdiger und konsensfähiger in Bezug auf wichtige Fakten sein und gleichzeitig Stimmen stärken, die von traditionellen Akteuren ausgegrenzt werden. Pluralität betrifft also nicht nur Politik und Regierungen, genauso wenig wie das Internet nicht nur für das Militär und Universitäten bestimmt war, die es ursprünglich entwickelt hatten. Vielmehr handelt es sich um ein neues technologisches Phänomen, das jeden Sektor und das Leben jedes Menschen bereichern kann, wenn wir lernen, es uns zunutze zu machen.

Aber genau wie das Internet und andere transformative Technologien wird auch Pluralität nur in dem Maße gedeihen, wie wir sie vorantreiben. Das Internet begann als ein Netzwerk, das von der Advanced Research Projects Agency des US-Verteidigungsministeriums (ARPANET) eingerichtet wurde, um mit neuen dezentralen Benutzeroberflächen zu experimentieren. Doch die Vision der ARPANET-Gründer wie JCR Licklider, die unserer sehr nahesteht, wurde nur teilweise verwirklicht, weil sie nie die öffentliche und internationale Unterstützung und die branchenübergreifenden Investitionen mobilisieren konnte, die für ihre Verwirklichung erforderlich waren. Stattdessen wurde es, wie von Licklider vorhergesagt, größtenteils von Monopolen vereinnahmt, die das Potenzial des Projekts unterdrückten. Heute haben wir die Chance, diesen Fehler zu korrigieren und eine Zukunft zu schaffen, in der unsere Technologien Ausdruck unserer höchsten Ideale sind und diese stärken, anstatt sie zu entwürdigen. Jeder Aktivistin, Künstlerin, Technologein, Bürgerin, politischer Entscheidungsträger*in und jede Organisation hat eine Schlüsselrolle auf der Reise in diese Zukunft zu spielen.

When we see “internet of things”, let’s make it an internet of beings.

When we see “virtual reality”, let’s make it a shared reality.

When we see “machine learning”, let’s make it collaborative learning.

When we see “user experience”, let’s make it about human experience.

When we hear “the singularity is near”, let us remember: the plurality is here.

GLIEDERUNG DER KAPITEL

Nachstehend finden Sie eine Gliederung in Abschnitte und Kapitel. Jedes Kapitel enthält die geschätzte Seitenlänge und eine Zusammenfassung der Argumente des jeweiligen Kapitels in einem Verhältnis von etwa einem Satz pro 5 Seiten. All dies ist eine erste Entwurfsskizze.

  1. Vorwort: Das Plurale sehen (5 Seiten):

    Wir eröffnen das Buch mit einer poetisch-spirituellen Reflexion über die Allgegenwart der Pluralität in jedem Maßstab der Wirklichkeit und darüber, wie sich eine Ausweitung davon in unsere technologische Zukunft anfühlen könnte.

  2. Einleitung: Der Krieg zwischen Demokratie und Technologie (10 Seiten):

    Die aufsehenerregenden Konflikte zwischen Technologie und Demokratie spiegeln und verbergen zugleich eine tiefere Spannung zwischen den Richtungen, in die sich die Technologie entwickelt hat, und den Prinzipien einer demokratischen Gesellschaft. Während bestimmte Technologien, die aus der KI- und Web-3-Tradition hervorgegangen sind, ein erhebliches Potenzial haben, handelt es sich bei diesen eher um fundamental antidemokratische politische Ideologien als um Technologien, welche der Zentralisierung von Macht bzw. dem extremen Individualismus verschrieben sind.

  3. Pluralität

    1. Leben in einer pluralen Welt (15 Seiten): Von der grundlegendsten physikalischen Ebene der Quantenmechanik bis hin zu den größten Höhen: "Schönheit, Wachstum, Fortschritt - all das resultiert aus der Vereinigung des Ungleichen." (Zitat Star Trek). Dies alles hängt also von der Bewahrung und Ausweitung von Diversität ab, aber auch von der Stärkung der Kommunikation und Zusammenarbeit über Differenzen hinaus. Die Informations- und Kommunikationstechnologie kann die dynamische Landschaft der sozialen Beziehungen abbilden und neue Verbindungen und Organisationen unterstützen, die solche Netze überspannen.
    2. Das verlorene Dao (15 Seiten): Die Idee einer Netzwerkgesellschaft, in der Individuen und soziale Gruppen dynamische Überschneidungen bilden, hat ihren Ursprung in den Theorien von Soziolog*innen, Ökonom*innen und Philosoph*innen wie Henry George, Georg Simmel und John Dewey. Diese Vision war die Grundlage dessen, was zum Internet wurde, aber nie mit philosophischer Klarheit artikuliert wurde, so dass sie in Vergessenheit geriet und von anderen Philosophien verdrängt wurde, die sich auf die Imitation menschlicher Intelligenz oder die Befreiung des Individuums von sozialen Bindungen konzentrierten. Dieses Buch will diese verlorene Vision wiederfinden, zeigen, wie sie erfolgreich war und sein kann, und einen Weg aufzeigen, wie sie weiter wachsen und sich entfalten kann.
    3. Ein Blick vom Yu Shan (20 Seiten): Taiwan liegt am Schnittpunkt der Kontinentalplatten Eurasiens und Amerikas und am ideologischen Schnittpunkt der chinesischen zentralistischen KI-Ideologie, der amerikanischen hyperkapitalistischen Ideologie und der europäischen wertebasierten Regulierungsstaaten. So wie die physische Bruchkante den höchsten Punkt Taiwans, den Yu Shan, in die Höhe getrieben hat, so haben diese ideologischen Spannungen Taiwan zur Entwicklung einer pluralistischen Synthese veranlasst, die es zum technologisch fortschrittlichsten und demokratisch aktivsten Land der Welt heranreifen ließ. In diesem Kapitel wird ein lebendiges und emotionales Porträt des Lebens in Taiwans digitaler Demokratie aus verschiedenen Blickwinkeln gezeichnet: dem der Ministerin, dem eine\*r bürgerlichen Aktivist\*in, dem eine\*r gewöhnlichen, digital ungebundenen Bürger\*in, dem eine\*r Unternehmer\*in, usw. Es wird auch kurz die Geschichte der Entstehung der digitalen Demokratie Taiwans geschildert, wobei Parallelen und Kontraste zu den Verhältnissen in anderen liberal-demokratischen Ländern heute gezogen werden.
  4. Freiheit

    1. Menschenrechte als Betriebssystem (5 Seiten): Genauso wie industrielle Demokratien auf dem Fundament der universellen Menschenrechte aufgebaut sind, hängen digitale Demokratien von der universellen Verteidigung der Menschenrechte im digitalen Bereich ab. Der Zugang zu diesen Fähigkeiten ist derzeit begrenzt und proprietär, was das Potenzial der Pluralität untergräbt. Jedes Kapitel in diesem Abschnitt beginnt mit einer kurzen Skizze einer Interaktion, die durch die Verwirklichung dieses Rechts ermöglicht wird.
    2. Persönlichkeit (10 Seiten): Die Rechte auf Leben, Reisen und persönliche Anerkennung sind die grundlegendsten Rechte, und dennoch werden die Identitätssysteme, die dies online ermöglichen, von einigen wenigen proprietären Plattformen kontrolliert. Dezentrale und pluralistische Identitätssysteme, die jetzt im Web 3-Raum entstehen, können eine Reihe neuer Funktionen ermöglichen, die das Internet so weit über seinen gegenwärtigen Zustand hinausführen, wie das Internet frühere Kommunikationsformen erobert hat.
    3. Assoziation (10 Seiten): Soziale Netzwerke bilden die Assoziation im digitalen Zeitalter ab, während Blockchains das digitale Äquivalent zu öffentlichen Plätzen darstellen. Wenn diese durch Investitionen im öffentlichen Interesse erweitert werden können, um den Ruf und die sozialen Beziehungen, die sie vermitteln, zu bereichern, haben sie das Potenzial, die Reichweite sozialer Beziehungen weit über das heutige Maß hinaus auszudehnen und viele der Funktionen zu ersetzen, die traditionell dem anonymen Marktaustausch zugewiesen werden.
    4. Handel (5 Seiten): Mit der Beteiligung legitimer Institutionen (wie Zentralbanken, Regierungen und Banken) können digitale Währungen eine Netzwerkstruktur aufweisen, die sowohl die Vorteile der Souveränität und der Privatsphäre als auch der internationalen Interoperabilität ermöglicht und den Zahlungsverkehr sowohl vom Chaos der Kryptowährungen als auch von den ineffizienten Monopolen befreit, die derzeit den Zahlungsverkehr beherrschen.
    5. Eigentum (10 Seiten): Während die grundlegenden Vermögenswerte der digitalen Welt (Daten, Berechnungen und Speicher) auf verteilten Wegen geschaffen werden, hat ein Mangel an offenen Standards für ihre sichere gemeinsame Nutzung dazu geführt, dass sich die Macht auf einige wenige große Technologieunternehmen konzentriert. Öffentliche Investitionen in die Entwicklung offener Standards für die sichere gemeinsame Nutzung in diesen Bereichen werden es der Zivilgesellschaft und der Wirtschaft erlauben, weitaus ambitionierter, effizienter und mit mehr Vertrauen, Datenschutz und Souveränität zusammenzuarbeiten.
    6. Zugang und Bildung (5 Seiten): Online-Menschenrechte sind nur für diejenigen relevant, die Zugang zum Cyberspace haben und sich darin bewegen können. Zugang zu Hochgeschwindigkeits-Breitbandanschlüssen und digitale Kompetenz, nicht nur Lese- und Schreibkenntnisse, müssen daher zu den universellen Menschenrechten gehören.
  5. Demokratie

    1. Demokratie als Anwendungen (10 Seiten): Demokratische Institutionen sind Anwendungen, die auf diesen Grundlagen laufen können und drei grundlegende Komponenten haben: Deliberation, Kompromiss und Pluralismus. Diese Institutionen können nicht nur den öffentlichen Sektor umgestalten, sondern auch den privaten Sektor, indem sie die Wirtschaft demokratisieren und ihrerseits von solchen demokratisierten Finanzierungsmodellen abhängen. Jedes Kapitel beginnt mit einer kurzen Darstellung, wie Technologien heute eingesetzt werden, um digitale Demokratie zu realisieren.
    2. Deliberation (5 Seiten): Fortschritte in der Statistik (oft verbunden mit künstlicher Intelligenz) ermöglichen ein "breites Zuhören", bei dem Millionen von Menschen die destillierte Essenz der Meinungsverteilung ihrer Mitmenschen hören können, was demokratische Deliberation auf breiter Ebene befähigt.
    3. Kompromiss (5 Seiten): Fortschritte in Mechanismus-Design-Theorie (die oft mit Web3 in Verbindung gebracht werden) ermöglichen Kompromisse und Kuhhandel in großem Maßstab und erlauben direkte Demokratie, die nicht in die Fallen der Tyrannei der Mehrheit tappt.
    4. Pluralismus (5 Seiten): Soziale Netzwerke geben uns die Möglichkeit, soziale Klüfte und Spaltungen zu erkennen und "lokale" Gemeinschaften zur Selbstverwaltung zu befähigen und aktiv Anreize zur Überbrückung dieser Klüfte zu schaffen.
    5. Finanzen (5 Seiten): Neue Formen der sozialen Organisation, die aus der Web3-Gemeinschaft hervorgehen, ermöglichen es uns, die Kluft zwischen Markt und Staat zu überwinden, indem wir einen aufstrebenden sozialen Sektor schaffen, der demokratische Dienstleistungen in großem Umfang anbieten kann.
  6. Auswirkungen (Intro 5 Seiten):

    Demokratie hat in weiten Teilen der Welt einen schlechten Ruf, weil sie bei der Bewältigung wichtiger globaler Herausforderungen versagt. Das liegt daran, dass sie nicht mit der Technologie Schritt gehalten hat; wenn sie es doch tut, zeigt die Erfahrung Taiwans, dass sie autoritäre Regime übertrumpfen kann. In jedem Kapitel werden Statistiken vorgestellt, die den Erfolg von Ländern wie Taiwan und Estland veranschaulichen, die die digitale Demokratie verwirklicht haben.

    1. Medien (5 Seiten): Fehlinformationen können eingedämmt werden, ohne die Meinungsfreiheit zu beeinträchtigen, wenn Algorithmen Inhalte mit überraschendem Konsens an die Oberfläche bringen und zivilgesellschaftliche Gruppen aktiv mitwirken, die sich des Humors bedienen.
    2. Gesundheit (5 Seiten): Pandemien und andere Krisensituationen im Bereich der öffentlichen Gesundheit können rechtzeitig erkannt und mit minimalen wirtschaftlichen Kosten bewältigt werden, wenn die Zivilgesellschaft in der Lage ist, umgehend Systeme für die Zuteilung knapper Gesundheitsressourcen zu entwickeln und Ansteckungsketten zu bekämpfen.
    3. Umwelt (5 Seiten): Umweltschäden, von der lokalen bis zur globalen Ebene, können schnell und ohne Eingriff in die Privatsphäre identifiziert werden, wenn Bürger*innen horizontale "Datenkoalitionen" bilden, die mit Regierungen verhandeln können, damit diese ihrer Verantwortung gerecht werden und sicherstellen, dass Gesellschaftsmitglieder dasselbe tun.
    4. Arbeitsplätze (5 Seiten): Nicht durch den Ersatz, sondern durch die Einbeziehung von Menschen in digitale Technologien können diese bessere Arbeitsplätze schaffen als sie verdrängen, und so zu einem natürlichen Wohlstand und gesellschaftlichen Mitwirkung führen.
  7. Ausblick

    1. Institutionen (20 Seiten): Die zur Verwirklichung der Pluralität erforderlichen umfangreichen Investitionen erfordern die Zusammenführung von Finanzierungsquellen aus einer Vielzahl von Sektoren und Ländern, um die Motive des nationalen Interesses, des Profits und der Wohltätigkeit zu kombinieren und zu transzendieren. Experimente mit verschiedenen Gemeinschaften an vielen geografischen Standorten müssen eng mit der Standardisierung verknüpft werden, die einen internationalen Maßstab erreichen kann, indem ein Netzwerk von digitalen Minister\*innen wie in Taiwan genutzt wird. Unternehmen des privaten Sektors, akademische Einrichtungen, Wohltätigkeitsorganisationen und Aktivist\*innen müssen sich an Beiträgen orientieren, die vom Prestige und den Zukunftsvisionen angezogen werden, welche die Mitarbeit an der Zukunft offener Standards mit sich bringt. Dieser Plan ist zwar ambitioniert, erweitert aber die Geschichte des Internets, die durch das von der Advanced Research Projects Agency (ARPANET) finanzierte Netzwerk von Nutzerforschungslabors angestoßen wurde, auf unsere heutige multipolare Welt.
    2. Handlung (10 Seiten): Während der Erfolg Koordination auf höchster Ebene erfordert, hat jede\*r Bürger\*in eine Aufgabe zu erfüllen, um das Momentum zu schaffen, das dieses Vorhaben in Gang bringt. Wir werden zeigen, wie Hacker\*innen, Investor\*innen, Geschäftsleute, Aktivist\*innen, Künstler\*innen und Wähler\*innen Teil einer Bewegung sein können, die dafür sorgt, dass unsere Technologien unseren Werten dienen, anstatt von ihnen diktiert zu werden.